Sonntag, 2. Juni 2013

Wege zur Zweisprachigkeit im Kindesalter.


Mit diesem Artikel möchten wir Ihnen nun einige Grundbegriffe vorstellen, die für die Thematik der zweisprachigen Kindererziehung zentral sind.

Mit Zweisprachigkeit soll in diesem Zusammenhang gemeint sein, dass ein Mensch sich problemlos in zwei unterschiedlichen Sprachen mündlich (und möglichst auch schriftlich) ausdrücken kann.

Einfache Fremdsprachenkenntnisse fallen nicht unter unsere Definition.

Simultane versus sukzessive Zweisprachigkeit

Der Begriff der simultanen Zweisprachigkeit meint, dass ein Kleinkind von Geburt an zwei Sprachen gleichzeitig erlernt. Das Kind lernt dabei im Laufe der Zeit automatisch zwischen den beiden Sprachsystemen zu unterscheiden und wird so zwei Erstsprachen (also zwei „Muttersprachen“) erwerben.

Von einer sukzessiven Zweisprachigkeit spricht man hingegen, wenn eine der beiden Sprachen erst erworben wird, wenn die andere bereits zu großen Teilen verinnerlicht wurde. Sukzessiver Spracherwerb erfolgt ab einem Alter von etwa drei Jahren.

Natürliche versus kulturelle Zweisprachigkeit

Bei diesen Begriffen geht es um die Art, wie Sprachen erlernt werden:

Während man von einer natürlichen Zweisprachigkeit spricht, wenn das Kind beide Sprachen im alltäglichen Umgang mit muttersprachlichen Menschen in einer natürlichen Umgebung erlernt, verwendet man den Begriff der kulturellen Zweisprachigkeit, wenn der Spracherwerb in einer mehr oder weniger formellen (Unterrichts-) Situation geschieht.

Additive versus subtraktive Zweisprachigkeit

Unter dem Begriff der additiven Zweisprachigkeit versteht man, dass sich der Erwerb der zweiten Sprache positiv auf das gesamte Sprachverständnis auswirkt. Diese positive Beeinflussung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die andere Sprache, sondern wirkt sich auch förderlich auf die Intelligenz und die sozialen Fähigkeiten des Kindes aus.

Die Kehrseite einer zweisprachigen Erziehung kann eine sogenannte subtraktive Zweisprachigkeit sein: Hier wirken sich beide Sprachen negativ aufeinander aus und die Kinder sind in ihrer Gesamtentwicklung verzögert. Im schlechtesten Fall kann es hierbei zu einer doppelten „Halbsprachigkeit“ kommen, bei der keine der beiden Sprachen vollständig und korrekt erlernt wird.

Zu einer solchen subtraktiven Zweisprachigkeit kann es kommen, wenn keine der Sprachen korrekt und zeitintensiv an das Kind weitergegeben wird oder etwa eine der Sprachen von der Umgebung des Kindes, beispielsweise im Kindergarten, abgelehnt und als „minderwertig“ angesehen wird.

In diesem Blog von Sprachenlernen24 werden wir Ihnen aufzeigen, wie Sie subtraktive Effekte vermeiden können und Ihrem Kind zwei Sprachen mit auf seinen Lebensweg geben können, die positive Effekte hervorrufen und negative vermeiden helfen.

Mehr Informationen

Wenn Sie das Thema der zweisprachigen Erziehung interessiert, finden Sie hier  weitere lesenswerte Artikel, die sich noch eingehender mit diesem Themengebiet auseinander setzen und Ihnen praktische Tipps an die Hand geben, wenn auch Sie Ihr Kind zweisprachig erziehen möchten.

Samstag, 1. Juni 2013

Sprachen lernen von klein auf: Zweisprachigkeit im Elternhaus.


In diesem Artikel möchten wir Ihnen die häufigsten Vorbedingungen aufzeigen, unter denen Kinder von Geburt ganz selbstverständlich zwei oder mehr Sprachen lernen.

Wie Sie bereits in einem früheren Blog-Artikel erfahren haben, ist der Spracherwerb unter simultanen und natürlichen Bedingungen besonders erfolgversprechend für den Erwerb zweier (zumindest annähernd) gleich stark ausgeprägter Erstsprachen, so dass man bei solchen Kindern von zwei Muttersprachen reden kann.

In der Literatur werden fünf unterschiedliche Konstellationen beschrieben, nach denen ein Kind unter natürlichen Bedingungen zwei oder mehr Sprachen von klein auf erlernen kann.

Vorweg noch etwas zu den Tabellen, die Sie unten sehen:

Als Sprachen werden dort jeweils Deutsch und Französisch aufgeführt (im Falle der dreisprachigen Erziehung auch noch zusätzlich Englisch). Diese Sprachen sollen hier nur als Beispiele dienen. Selbstverständlich sind auch andere Sprachen für diese (idealtypischen) Konstellationen denkbar.

1. Jeder Elternteil spricht in seiner Sprache mit dem Kind

Wenn Kinder zweisprachig erzogen werden, ist die folgende Konstellation eine der häufigsten: Beide Elternteile sprechen von Geburt des Kindes an ausschließlich in ihrer eigenen Sprache mit dem Kind. Die Umgebungssprache (also meist die Landessprache) entspricht in diesem Beispiel der Sprache eines Elternteils.

Erstsprache der Mutter:Erstsprache des Vaters:Sprache der Umgebung:
DeutschFranzösisch
spricht mit dem Kind:spricht mit dem Kind:Deutsch
DeutschFranzösisch


Bereits im Jahre 1913 wurde das hier angewandte Prinzip „une personne, une langue“ (eine Person, eine Sprache) in der Literatur erwähnt und nach der untersuchten Familie, der Familie Ronjat, benannt. In liguistischer Fachliteratur finden Sie diese Situation also unter dem Begriff „Prinzip von Ronjat“.

Bis heute gilt diese Herangehensweise, sein Kind zweisprachig zu erziehen, als besonders erfolgversprechend. Dennoch gibt es auch andere Konstellationen, nach denen eine zwei- oder gar mehrsprachige Erziehung erfolgreich gelingen kann:

2. Beide Eltern sprechen in einer anderen Sprache als die Umgebung

Die folgende Konstellation ist zunächst dieselbe, wie die zuvor beschriebene: Beide Elternteile sprechen unterschiedliche Erstsprachen und die Umgebungssprache ist die eines Elternteils.

Erstsprache der Mutter:Erstsprache des Vaters:Sprache der Umgebung:
DeutschFranzösisch
spricht mit dem Kind:spricht mit dem Kind:Deutsch
FranzösischFranzösisch


Der Unterschied besteht darin, dass beide Eltern in derjenigen Sprache mit dem Kind sprechen, die nicht die der Umgebung ist. Dies bedeutet, dass der Spracherwerb räumlich getrennt ist:

Während das Kind im Elternhaus die eine Sprache hört und lernt, erwirbt es im Umgang mit Spielkameraden, im Kindergarten, im Kontakt zu anderen Erwachsenen etc. die Sprache seiner Umgebung.

3. Beide Elternteile haben eine gemeinsame Erstsprache, die nicht die Umgebungssprache ist

Diese Konstellation ist typisch für Eltern, die gemeinsam als Migranten in ein anderes Land gekommen sind. Sie sprechen beide eine gemeinsame Sprache und geben diese an ihr Kind weiter. Die Sprache der Umgebung, also die Landessprache, ist dabei in aller Regel eine andere:

Erstsprache der Mutter:Erstsprache des Vaters:Sprache der Umgebung:
FranzösischFranzösisch
spricht mit dem Kind:spricht mit dem Kind:Deutsch
FranzösischFranzösisch


Bei dieser Konstellation gilt als besonders förderlich, wenn die Eltern möglichst ausschließlich in ihrer Erstsprache mit dem Kind sprechen und es darüber hinaus frühzeitig in einen intensiven Kontakt mit der Landessprache kommt.

4. Sowohl beide Elternteile als auch die Umgebung sind zweisprachig

Dieses Fallbeispiel ist in der Realität recht häufig in zweisprachigen Ländern oder Regionen zu finden. Als Beispiel für eine solche französisch-deutsche Umgebung ist etwa der schweizerische Kanton Freiburg/Fribourg zu nennen, wo beide Sprachen weitgehend gleichberechtigt nebeneinander verwendet werden und die Bevölkerung in aller Regel auch beide Sprachen beherrscht.

Erstsprachen der Mutter:Erstsprachen des Vaters:Sprachen der Umgebung:
Französisch/DeutschFranzösisch/Deutsch
spricht mit dem Kind:spricht mit dem Kind:Französisch/Deutsch
Französisch/DeutschFranzösisch/Deutsch


Hier steht das Kind von Anfang an in engem Kontakt zu zwei Sprachen, die es bei den Eltern, aber auch überall sonst in seiner Umgebung hört.

Da beide Sprachen in aller Regel auf einem hohen Niveau gesprochen werden, da die meisten Bewohner der Region ebenfalls zweisprachig aufgewachsen sind, lernt das Kind ebenfalls beide Sprachen intensiv und gleichberechtigt.

5. Sprachen der Mutter, des Vaters und der Umgebung sind verschieden

Bei dieser Konstellation sprechen beide Elternteile in ihren unterschiedlichen (Erst-)Sprachen zu dem Kind, während die Sprache der Umgebung, in der das Kind aufwächst, gleichfalls eine andere (dritte Sprache) ist.

Erstsprache der Mutter:Erstsprache des Vaters:Sprache der Umgebung:
EnglischFranzösisch
spricht mit dem Kind:spricht mit dem Kind:Deutsch
EnglischFranzösisch


Damit das Kind alle drei Sprachen annähernd gleichermaßen gut lernen kann, ist es hier besonders wichtig, dass beide Elternteile konsequent in ihren jeweiligen Sprachen mit dem Kind reden, ihm viel vorlesen und vorsingen und das Kind zudem bereits früh an die Landessprache des Umfelds herangeführt wird, beispielsweise durch das natürliche Sprachlernen in der Kinderkrippe.

Mehr Informationen

Wenn Sie das Thema der zweisprachigen Erziehung interessiert, finden Sie hier weitere lesenswerte Artikel,die sich noch eingehender mit diesem Themengebiet auseinander setzen und Ihnen praktische Tipps an die Hand geben,wenn auch Sie Ihr Kind zweisprachig erziehen möchten.